Brothers Grimm Vol 2
Brüder Grimm Vol 2
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partly translated anew from German.
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Marcel
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Brüder Grimm
Volume 2
Katze und Maus in Gesellschaft
Eine Katze hatte Bekanntschaft mit einer Maus
gemacht und ihr so viel von der großen Liebe und Freundschaft vorgesagt, die
sie zu ihr trüge, daß die Maus endlich einwilligte mit ihr zusammen in einem
Hause zu wohnen und gemeinschaftliche Wirtschaft zu führen.
“Aber für den Winter müssen wir Vorsorge tragen,
sonst leiden wir Hunger,” sagte die Katze, “du Mäuschen, kannst dich nicht
überall hinwagen und gerätst mir am Ende in eine Falle.”
Der gute Rat ward also befolgt und ein Töpfchen mit
Fett angekauft.
Sie wußten aber nicht wo sie es hinstellen sollten,
endlich nach langer Überlegung sprach die Katze, “ich weiß keinen Ort, wo es
besser aufgehoben wäre, als die Kirche, da getraut sich Niemand etwas
wegzunehmen: wir stellen es unter den Altar und rühren es nicht eher an als bis
wir es nötig haben.”
Das Töpfchen ward also in Sicherheit gebracht, aber
es dauerte nicht lange, so trug die Katze Gelüsten danach und sprach zur Maus,
“was ich dir sagen wollte, Mäuschen, ich bin von meiner Base zu Gevatter
gebeten: sie hat ein Söhnchen zur Welt gebracht, weiß mit braunen Flecken, das
soll ich über die Taufe halten.
Laß mich heute ausgehen und besorge du das Haus
allein.”
“Ja, ja,” antwortete die Maus, “geh in Gottes
Namen, wenn du was Gutes ißest, so denk an mich: von dem süßen roten
Kindbetterwein tränke ich auch gerne ein Tröpfchen.”
Es war aber alles nicht wahr, die Katze hatte keine
Base, und war nicht zu Gevatter gebeten.
Sie ging geradeswegs nach der Kirche, schlich zu
dem Fetttöpfchen, fing an zu lecken und leckte die fette Haut ab.
Dann machte sie einen Spaziergang auf den Dächern
der Stadt, besah sich die Gelegenheit, streckte sich hernach in der Sonne aus
und wischte sich den Bart so oft sie an das Fetttöpfchen dachte.
Erst als es Abend war, kam sie wieder nach Haus.
“Nun, da bist du ja wieder,” sagte die Maus, “du
hast gewiß einen lustigen Tag gehabt.”
“Es ging wohl an,” antwortete die Katze.
“Was hat denn das Kind für einen Namen bekommen?”
fragte die Maus.
“Hautab,” sagte die Katze ganz trocken.
“Hautab,” rief die Maus, “das ist ja ein
wunderlicher und seltsamer Name, ist der in eurer Familie gebräuchlich?”
“Was ist da weiter,” sagte die Katze, “er ist nicht
schlechter als Bröseldieb, wie deine Paten heißen.”
Nicht lange danach überkam die Katze wieder ein
Gelüsten.
Sie sprach zur Maus, “du mußt mir den Gefallen tun
und nochmals das Hauswesen allein besorgen; ich bin zum zweitenmal zu Gevatter
gebeten, und da das Kind einen weißen Ring um den Hals hat, so kann ichs nicht
absagen.”
Die gute Maus willigte ein, die Katze aber schlich
hinter der Stadtmauer zu der Kirche und fraß den Fetttopf halb aus.
“Es schmeckt nichts besser,” sagte sie, “als was
man selber ißt;” und war mit ihrem Tagewerk ganz zufrieden.
Als sie heimkam, fragte die Maus, “wie ist denn
dieses Kind getauft worden?”
“Halbaus” antwortete die Katze.
“Halbaus! was du sagst! den Namen habe ich mein
Lebtag noch nicht gehört; ich wette der steht nicht in dem Kalender.”
Der Katze wässerte das Maul bald wieder nach dem
Leckerwerk.
“Aller guten Dinge sind drei,” sprach sie zu der
Maus; “da soll ich wieder Gevatter stehen; das Kind ist ganz schwarz und hat
bloß weiße Pfoten, sonst kein weißes Haar am ganzen Leib, das trifft sich alle
paar Jahr nur einmal: du lässest mich doch ausgehen?”
“Hautab! Halbaus!” antwortete die Maus, “es sind so
kuriose Namen, die machen mich so nachdenksam.”
“Da sitzest du daheim in deinem dunkelgrauen
Flausrock und deinem langen Haarzopf,” sprach die Katze, “und fängst Grillen:
das kommt davon wenn man bei Tage nicht ausgeht.”
Die Maus räumte während der Abwesenheit der Katze
auf und brachte das Haus in Ordnung, die naschhafte Katze aber fraß den
Fetttopf rein aus.
“Wenn erst alles aufgezehrt ist, so hat man Ruhe,”
sagte sie zu sich selbst und kam satt und dick erst in der Nacht nach Haus.
Die Maus fragte gleich nach dem Namen, den das
dritte Kind bekommen hätte.
“Er wird dir wohl auch nicht gefallen,” sagte die
Katze; “er heißt Ganzaus.”
“Ganzaus!” rief die Maus, “das ist der
allerbedenklichste Namen; gedruckt ist er mir noch nicht vorgekommen. Ganzaus!
was soll das bedeuten?”
Sie schüttelte den Kopf, rollte sich zusammen und
legte sich schlafen.
Von nun an wollte niemand mehr die Katze zu
Gevatter bitten, als aber der Winter herangekommen und draußen nichts mehr zu
finden war, gedachte die Maus ihres Vorrats und sprach, “komm, Katze, wir
wollen zu unserm Fetttopfe gehen, den wir uns aufgespart haben, der wird uns
schmecken.”
“Ja wohl,” antwortete die Katze, “der wird dir
schmecken als wenn du deine feine Zunge zum Fenster hinaus streckst.”
Sie machten sich auf den Weg, und als sie
anlangten, stand zwar der Fetttopf noch an seinem Platz, er war aber leer.
“Ach,” sagte die Maus, “jetzt merke ich was
geschehen ist; jetzt kommts an den Tag; du bist mir die wahre Freundin!
aufgefressen hast du alles, wie du zu Gevatter gestanden hast: erst Haut ab,
dann halb aus, dann...”
“Willst du schweigen,” rief die Katze; “noch ein
Wort, und ich fresse dich auf.”
‘Ganz aus’ hatte die arme Maus schon auf der Zunge;
kaum war es heraus, so tat die Katze einen Satz nach ihr, packte sie und
schluckte sie hinunter.
Siehst du, so gehts in der Welt.
Marienkind
Vor einem großen Walde lebte ein Holzhacker mit
seiner Frau, der hatte nur ein einziges Kind, das war ein Mädchen von drei
Jahren.
Sie waren aber so arm, daß sie nicht mehr das
tägliche Brot hatten und nicht wußten was sie ihm sollten zu essen geben.
Eines Morgens ging der Holzhacker voller Sorgen
hinaus in den Wald an seine Arbeit, und wie er da Holz hackte, stand auf einmal
eine schöne große Frau vor ihm, die hatte eine Krone von leuchtenden Sternen
auf dem Haupt und sprach zu ihm, “ich bin die Jungfrau Maria, die Mutter des
Christkindleins: du bist arm und dürftig; bring mir dein Kind; ich will es mit
mir nehmen, seine Mutter sein und für es sorgen.”
Der Holzhacker gehorchte, holte sein Kind und
übergab es der Jungfrau Maria, die nahm es mit sich hinauf in den Himmel.
Da ging es ihm wohl, es aß Zuckerbrot und trank
süße Milch, und seine Kleider waren von Gold, und die Englein spielten mit ihr.
Als es nun vierzehn Jahr alt geworden war, rief es
einmal die Jungfrau Maria zu sich und sprach, “liebes Kind, ich habe eine große
Reise vor, da nimm die Schlüssel zu den dreizehn Türen des Himmelreichs in
Verwahrung:
zwölf davon darfst du aufschließen und die
Herrlichkeiten darin betrachten, aber die dreizehnte, wozu dieser kleine
Schlüssel gehört, die ist dir verboten: hüte dich daß du sie nicht
aufschließest, sonst wirst du unglücklich.”
Das Mädchen versprach gehorsam zu sein, und als nun
die Jungfrau Maria weg war, fing sie an und besah die Wohnungen des
Himmelreichs: jeden Tag schloß es eine auf, bis die zwölf herum waren.
In jeder aber saß ein Apostel, und war von großem
Glanz umgeben, und es freute sich über all die Pracht und Herrlichkeit, und die
Englein, die es immer begleiteten, freuten sich mit ihr.
Nun war die verbotene Thür allein noch übrig, da empfand
es eine große Lust zu wissen was dahinter verborgen wäre, und sprach zu den
Englein, “ganz aufmachen will ich sie nicht und will auch nicht hinein gehen,
aber ich will sie aufschließen, damit wir ein wenig durch den Ritz sehen.”
“Ach nein,” sagten die Englein, “das wäre Sünde:
die Jungfrau Maria hats verboten, und es könnte leicht dein Unglück werden.”
Da schwieg es still, aber die Begierde in seinem
Herzen schwieg nicht still, sondern nagte und pickte ordentlich daran und ließ
ihr keine Ruhe.
Und als die Englein einmal alle hinausgegangen
waren, dachte es, “nun bin ich ganz allein und könnte hinein gucken; es weiß es
ja niemand, wenn ich’s tue.”
Es suchte den Schlüssel heraus und als es ihn in
der Hand hielt, steckte es ihn auch in das Schloß, und als es ihn hinein
gesteckt hatte, drehte es auch um.
Da sprang die Türe auf, und es sah da die
Dreieinigkeit im Feuer und Glanz sitzen.
Es blieb ein Weilchen stehen und betrachtete alles
mit Erstaunen, dann rührte es ein wenig mit dem Finger an den Glanz, da ward
der Finger ganz golden.
Alsbald empfand es eine gewaltige Angst, schlug die
Türe heftig zu und lief fort.
Die Angst wollte auch nicht wieder weichen, es
mochte anfangen was es wollte, und das Herz klopfte in einem fort und wollte
nicht ruhig werden: auch das Gold blieb an dem Finger und ging nicht ab, es
mochte waschen und reiben so viel es wollte.
Gar nicht lange, so kam die Jungfrau Maria von
ihrer Reise zurück.
Sie rief das Mädchen zu sich und forderte ihr die
Himmelsschlüssel wieder ab.
Als es den Bund hinreichte, blickte ihm die
Jungfrau in die Augen, und sprach, “hast du auch nicht die dreizehnte Türe
geöffnet?”
“Nein” antwortete es.
Da legte sie ihre Hand auf sein Herz, fühlte wie es
klopfte und klopfte, und merkte wohl daß es ihr Gebot übertreten und die Türe
aufgeschlossen hatte.
Da sprach sie noch einmal, “hast du es gewiss nicht
getan?”
“Nein” sagte das Mädchen zum zweitenmal.
Da erblickte sie den Finger der von der Berührung
des himmlischen Feuers golden geworden war, sah wohl daß es gesündigt hatte und
sprach zum drittenmal, “hast du es nicht getan?”
“Nein” sagte das Mädchen zum drittenmal.
Da sprach die Jungfrau Maria, “du hast mir nicht
gehorcht, und hast noch dazu gelogen; du bist nicht mehr würdig im Himmel zu
sein.”
Da versank das Mädchen in einen tiefen Schlaf, und
als es erwachte, lag es unten auf der Erde, mitten in einer Wildnis.
Es wollte rufen, aber es konnte keinen Laut
hervorbringen.
Es sprang auf und wollte fortlaufen, aber wo es
sich hinwendete, immer ward es von dichten Dornhecken zurück gehalten, die es
nicht durchbrechen konnte.
In der Einöde, in welche es eingeschlossen war,
stand ein alter hohler Baum, das mußte seine Wohnung sein.
Da kroch es hinein, wenn die Nacht kam, und schlief
darin, und wenn es stürmte und regnete, fand es darin Schutz: aber es war ein
jämmerliches Leben, und wenn es daran dachte, wie es im Himmel so schön gewesen
war, und die Engel mit ihr gespielt hatten, so weinte es bitterlich.
Wurzeln und Waldbeeren waren seine einzige Nahrung,
die suchte es sich, so weit es kommen konnte.
Im Herbst sammelte es die herabgefallenen Nüsse und
Blätter und trug sie in die Höhle; die Nüsse waren im Winter seine Speise und
wenn Schnee und Eis kam, so kroch es, wie ein armes Tierchen in die Blätter,
daß es nicht fror.
Nicht lange, so zerrissen seine Kleider und fiel
ein Stück nach dem andern vom Leib herab.
Sobald dann die Sonne wieder warm schien, ging es
heraus und setzte sich vor den Baum, und seine langen Haare bedeckten es von
allen Seiten wie ein Mantel.
So saß es ein Jahr nach dem andern und fühlte den
Jammer und das Elend der Welt.
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